Tiny Houses – das Thema thrillte mich von Anfang an, als die Lebensphilosophie und das Experiment des drastisch reduzierten Lebensstils vor ein paar Jahren von den USA in die Alte Welt herüberschwappte.
Es begann in mir zu arbeiten, mal über-, mal unterschwellig. Es warf ein scharfes Schlaglicht auf meinen wachsenden Überdruss über all die Dinge, die ich im Laufe des Lebens um mich herum angehäuft hatte. Lange hatte ich mich mit dem Gedanken retten können „Beim nächsten Umzug wird gründlich ausgemistet!“ Diese Option ist vom Tisch, seit ich mit vier weiteren Menschen 2010 einen Hof im Wendland gekauft habe, der in jeder Hinsicht das Potenzial hat, auf lange Sicht die letzte Wohnstätte zu sein.
Und dann diese Vision: Tiny House. Da klingen Erinnerungen an Kindertage an, in denen ich kuschelige Höhlen baute, etwas später bunte Häuschen aus bemalten Kartonagen. Und an das räumlich eng begrenzte Leben auf dem Kajütboot der Familie, das doch alles bot, um ein paar Wochen unterwegs, glücklich und frei zu sein.
Was brauche ich denn, um ein glückliches Leben zu führen? Eine Schüssel, einen Löffel, eine Tasse, ein paar Klamotten, ein Bett… und Natur, viel Natur außenrum. Der Naturkontakt nimmt zu, wenn das Haus gleichermaßen auf die Grundfläche eines Käfighuhns reduziert wird, soviel ist sicher. Aber all die Dinge, die mich hier umgeben und von denen ich viele täglich benutze, fordern entrüstet ihren Platz in meinem Leben ein. „Was tätest du ohne deine Bücher, deine Malsachen, die vielen Plünnen, von denen du ja gern immer wieder was beim Klamottentausch wechselst, die Handarbeitskiste mit Wolle, Stoffen und Garnen, die vielen schönen und praktischen Haushaltsutensilien?“
Probier es aus, raunt etwas in mir. Bau dir ein Wägelchen, wo nur das Nötigste reinpasst. Mit dem du mal hier und da hingondeln kannst, wie damals mit dem Boot. Und dann schau, was es mit dir macht.
Lange gärt es im Inneren, aber dann werden die Pläne konkret. Ein Holzaufbau auf einem PKW-Anhänger soll es werden, 3 x 1,60 m, groß genug für zwei Klappmatratzen und etwas Stauraum. Mit etwas Umklapperei würde sich aus einer Betthälfte eine kleine Sitzgruppe zaubern lassen. Ein mauscheliges Hüttchen soll es werden, für Rückzug und Besinnungspausen im Alltag. Und gleichzeitig mit viel Lichteinfall und Möglichkeit durch Fenster-, Tür- und Dachöffnungen in Verbindung zur Außenwelt zu stehen. Mit einer romantischen Doppelflügeltür und einem Tonnendach wie ein Schäferwagen.
Und bald wird auch klar, wer in diese neuzeitliche Tonne des Diogenes als permanenter Bewohner einziehen wird. „Toll, dass du mir ein adäquates Domizil baust!“ kräht Mathilda, die ich lange nicht mehr richtig wahrgenommen hatte. Dabei wohnt sie mit mir gemeinsam unter demselben Schädeldach. „Äh, ja…“ Eigentlich wollte ich hier in aller Ruhe… aber daraus wird wohl nichts. „Bunt muss es werden,“ juchzt Mathilda, „hörst du? Knuddelbunt! Machst du das? Ach weißt du was, ich mach mit, was soll das…!“ Schon hat sie die Ärmel aufgekrempelt, während ich noch darüber sinniere, wie die Töne von naturbelassenen Hölzern allmählich mit der umgebenden Natur verschmelzen würden… „Das Leben will bunt sein“, erklärt sie bestimmt, „jede Blume weiß das. Kompostieren tuste noch früh genug.“
Ich glaube, ich sollte Mathilda gleich die weitere Planung überlassen…