Da war doch in den letzten Jahren, nachdem wir uns in kapitalistischer Egomanie über und durch den Erdball gefressen hatten, endlich ein Umdenken am Horizont aufgeglommen. Wir sahen nicht nur, wie der Teppich zu unseren Füßen schon gefährlich abgefressen wurde, wir fühlten auch schon die steigenden Temperaturen, wechselweise Dürren oder Fluten, vermissten Tiere, die früher unsere Alltagsbegleiter waren und verschwiegene Winkel, wild und magisch, in denen wir in Kindertagen Hütten aus Zweigen und Moos gebaut hatten.
Aber jetzt ist Corona. Wir sind paralysiert, Regierung und Medien drücken – mal mehr, mal weniger gezielt – unsere Angstknöpfe und so zurückgeworfen auf eine Art Überlebensprogramm wird klar, dass unsere wachsende Verbundenheit mit dem Lebensnetz bisher nur ein Schönwettergebaren war.
Wir umarmen Bäume, wenn die Sonne scheint, wir lieben und schützen Insekten, wenn es Bienen und Schmetterlinge sind. Bei den gefräßigen Raupen kommt dann schonmal der Unmut aus dem Off: Nein! Meine schöne Chrysantheme! Geh weg, zum Nachbarn, da gibt’s auch leckere Sachen… oder ich muss dich leider…<ähem> Wo war nochmal der Rest Pflanzenschutzmittel? Nur dieses eine Mal! Ich tu’s auch nicht wieder. „Ach, nadann….“ verröchelt die sterbende Raupe.
Und dann ergötzt sich Mensch an der geretteten Pflanze und ihrer Blüte und die Beschränktheit des menschlichen Verstandes erspart ihm die Wahrnehmung der potenziellen Parallelwelt, in der ein zauberhafter Schmetterling ihn in Entzücken versetzt hätte.
Oder auch nur den Nachbarn, während man selbst grantelnd vor dem hässlich abgenagten Gerippe sitzt. Egal. Man weiß nicht, was demnächst um die Ecke kommt und man weiß nicht, wem es nutzt. Wir könnten nur eins wissen, wenn wir nur wollten: Die Welt, die uns erhält, reicht weiter als unser Gartenzaun.
Wenn wir Verbundenheit mit dieser Welt spüren würden, würde es uns schmerzen, überall in der Landschaft Masken flattern zu sehen, die Wind und Wetter allmählich in Mikroplastikpartikel zerstäuben. Ja, wir würden das Gruseln kriegen, unseren Zellen und Mikroorganismen in uns diese angereicherte Atemluft zuzumuten und uns fragen, ob sowas wohl wirklich gesund sein kann. Wir würden verstehen, wie sehr nicht nur wir als Menschen, sondern auch unsere kleinen Mitbewohner auf Beziehungspflege und Austausch angewiesen sind. Daraus entstehen nicht zuletzt die Updates für unser Immunsystem. Statt dessen wird die schützende natürliche Körperumhüllung totdesinfiziert – eine willkommene Brache für unerwünschte Erreger. Die Landwirtschaft mit ihrer Rüstungsspirale macht es im Großen vor. Gegen Superweeds helfen bald nicht mal mehr genveränderte Gewächse. Die Natur spielt mit den Bausteinen, die sie findet und bastelt etwas Neues zurecht, ob uns das gefällt oder nicht.
Gegen die Spielregeln der Natur kann Mensch nicht ewig spielen. Er ist und bleibt ein Teil von ihr und wird eben im Notfall aussortiert – nachdem er lange genug rumspielen durfte.
Und dann im Regen und Sturm einen Baum umarmen und schließlich auf das Moosbett zu seinen Füßen sinken und denken – wär doch ganz schön gewesen, wenn man es auch mal anders versucht hätte… Das Handy nervt ein letztes Mal, dass es gefüttert werden will. Aber irgendwann, nach ein paar tausend Jahren, werden die seltenen Erden seiner Eingeweide wieder einsickern in den feuchten Mikrokosmos und mit etwas Glück gibt es dann auch Organismen, die das alles lecker finden.
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P.S. An der der Leuphana, Universität Lüneburg, wurden inzwischen schadstofffreie und umweltfreundliche Masken entwickelt, die unter https://vivamask.de erhältlich sind.