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Gemeine Wirtschaft zu Gemeinwohl-Ökonomie

Simone

„It’s the economy, stupid.“ Die Wirtschaft muss brummen, alles andere ist zweitrangig. Tut sie es, gewinnt bei Wahlen der bisherige Amtsinhaber. Stottert der Wirtschaftsmotor, steigen die Chancen für Herausforderer, an den Eingeweiden des Vehikels schrauben zu dürfen. Aber etwas stimmt nicht mehr mit dem Motor. Nicht nur, dass er stottert, er macht Geräusche, die man vorher nicht kannte. Das Chassis schlingert auf der Fahrbahn und wenn wir vorsichtig durch die Rostlöcher im Bodenblech spähen, erkennen wir mit Schaudern, dass durch manche Schlaglöcher in der Fahrbahn das Magma brodelt. Schnell Fußmatte drüber und weiterrumpeln… wo geht’s nochmal nach Fortschritt, Wohlstand, Sicherheit? Mist, wenn man im Wendland unterwegs ist und mal wieder irgendwelche Vollpfosten die Schilder verdreht haben…!

Unser bisher so geölt schnurrendes, schnittiges Fahrzeug beginnt uns die Freude am Fahren zu verhageln. Der nimmersatte Düwwelsüger – Mamas Brust hat er so gut wie leergelutscht, jetzt bedient er sich an allem, was er so kriegen kann, anderer Menschen Lebenszeit und Grundnahrungsmittel, Blut und Aufmerksamkeit. Letzteres ist das, was wir als (Mit-)Fahrer ihm am Liebsten und mit großer Bereitwilligkeit spenden, für den Rest sind vor allem die Volksmassen in Drittweltländern zuständig.

Mir poppt eine Szene aus der Asta-Bibel meiner Studienzeit „Per Anhalter durch die Galaxis“ ins Hirn. Roboter Marvin, alleingelassen auf einem fremden Planeten in einer feindlichen Umgebung findet sich einer testosterongesteuerten Monstermaschine gegenüber, die es aufreizender findet, anstatt den Eindringling kurzerhand abzuknallen, sich an seiner Bewunderung ihrer Macht zu laben. „Ich kann sogar den Fußboden rausschießen!“ waren ihre letzten Worte auf einer der oberen Etagen des zigstöckigen Wolkenkratzers.

Unser Wirtschaftssystem und unser monothematisches Bildungsystem für die Wirtschaft, so die Diagnose des generalistisch gebildeten Entwicklers der Gemeinwohl-Ökonomie, Christian Felber, erzeugt und begünstigt Psychopathen. Empathielose Antreiber einer Maschinerie, die darauf optimiert ist, die Welt und alles, was uns lieb ist, zu Geld zu machen, koste es, was es wolle. Seit Generationen werde an fast sämtlichen Universitäten Ökonomie gelehrt, als ob sie ein Naturgesetz sei, das so und nicht anders funktioniere, wie wir es vom Kapitalismus kennen. Dabei offenbare die Herkunft des Wortes aus dem griechischen von „oikos“ – Haushalt – und „nomos“ – Gesetz, Brauch, Verfahren – dass es sich um eine menschengemachte Norm handelt. Wäre es ein Naturgesetz, wie unsere Wirtschaftswissenschaft suggeriert, hieße es „Öko-logie“, von logos – Wort, Lehre. Bemerkenswert: Grundgesetze und Verfassungen in aller Welt – ja, auch das Grundgesetz der Bundesrepublik und ihre Länderverfassungen – haben festgeschrieben, dass die Ökonomie dem Gemeinwohl zu dienen habe. Nanu? Unsere Wirtschaft, die den Blutkreislauf unserer Gesellschaft antreibt, hat gar nicht zum Ziel, dass es allen Organen gutgeht, geschweige denn ein Bewusstsein dafür?

Ja, leider. Vielleicht kann man endlich sagen, „hatte“, denn allmählich kommt im Kopf der Schmerz an über das, was nicht mehr so schön funktioniert. Der Verdruss über die trüben Wetteraussichten. Und die wachsende Verwirrung wegen dem buggy Navigationssystem.

Good news: Die neue Regionalgruppe Gemeinwohlökonomie Wendland beginnt gerade damit, sich die Teile des Fahrzeugs näher anzuschauen. Und wie man das Ganze anders zusammenschrauben könnte, so dass man nicht mehr mit Blut im Tank über Leichen fahren muss. Und andere Ziele ansteuert, die vielleicht heißen Lebensqualität, Freude, Zeit, Gemeinschaft. Oder das Restaurant am Ende des Universums.

Wir treffen uns wieder am Donnerstag, 12. März um 18.00 Uhr in der Freien Schule Grabow. Willkommen! Bringt Puschen mit!

P.S.: Es gibt ein inspirierendes neues Wirtschaftsmagazin, auf das mich eine mitschraubende Kollegin kürzlich aufmerksam machte: Neue Narrative – entwickelt und betrieben von jungen Menschen in der Herzkammer einer neuen Ökonomie.

2 Comments

  • Pato

    28. Februar 2020

    Danke für dein Bericht und an Christan Felber für den Vortrag! Er erklärte die GWÖ total klar und deutlich. Anders als eine rein finanzielle Firmenbilanz oder das Bruttoinlandsprodukt (BIP) bezieht die Gemeinwohl-Bilanz die “Planetaren Grenzen” und das Ökosoziale mit ein. Etwas ähnliches bewirkt das Bruttonationalglück in Bhutan, Südasien oder der Happy Planet Index oder der World Happiness Report. Die Bewertung nach der Gemeinwohl-Ökonomie beachtet alle 17 “Ziele für nachhaltige Entwicklung” (SDG Sustainable Development Goals). Habe diesen Artikel verlinkt auf meinem förderal-freiem FediVerse MicroBlog: https://norden.social/@Pato/

  • Jele

    28. Februar 2020

    Liebe Simone,
    vielen Dank für das schöne Bild und den lebendigen Eindruck.
    Als Altsprachlerin möchte ich noch anfügen: Oikos meint das Haus (als Gebäude) und als Gemeinschaft im Sinne von Familie, Heimat, Hausstand oder eben Haushalt. Keinesfalls den Haushalt im Sinne von Etat.

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