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Was langsam wächst…

Simone

Eine Grundqualität, die ich mir für den Bau unseres TinyMobils vorgenommen hatte: Schön langsam, ein kleiner Schritt nach dem anderen und lieber einmal mehr nachdenken als einmal zuwenig.

Ist ja alles Neuland für uns und schnell wäre die teure Platte für die Wände am falschen Ende zersägt … Klar, dass im Prozess Fehler gemacht werden, ist normal. Deshalb muss das ganze Konstrukt auch möglichst fehlerfreundlich angelegt sein. Größere Schnitzer zu vermeiden wird angestrebt.

So manches Detail kann sowieso erst im Bau genau ausgetüftelt werden. Erst wenn man das Konstrukt vor der Nase hat, sieht man, welche Details man vergessen hat oder was noch besser funktionieren könnte. Eine konstruktive Herausforderung: Die Kiste muss als Ladung konzipiert sein, die man auch ohne Werkzeug vom Hänger lösen und abladen kann. Unser Hänger kann per Handkurbel gekippt werden, die Rückwand bildet dann die Laderampe. Wir planen, die Hütte auf Schwerlast-Bockrollen zu setzen und sie nachher über eine Flaschenzug-Konstruktion hochzuziehen. Etwas Kopfzerbrechen bereiten die Details. Wir müssen den Eckpfeilern des Hauses vergrößerte Füße drunterbasteln, unter die dann etwas versetzt von der Längsachse die Bockrollen angeschraubt werden, sonst kollidieren sie mit der Bordwand und hervorstehenden Befestigungselementen. Außerdem brauchen wir solide Bretter, auf denen das Ganze rollen kann, da direkt darunter eine breite Spurrille im Hänger verläuft. Im örtlichen Holzmarkt können wir dafür günstig ein paar Restposten-Eichendielen ergattern. An den Punkten, wo die Rollen zum Stehen kommen sollen, fräsen wir vier Mulden aus. Mit dem Absenken des Hauses sollen die Außenwände dann auf den Bordwänden aufsitzen, so dass die Rollen weitgehend entlastet sind und das Ganze eine gute Basisstabilität auf dem Hänger hat.

Damit in diesem sensiblen Punkt nachher auch alles 100%-ig passt, bauen wir die Kiste auf dem Hänger zusammen. Die Wände sind fertig ausgesägt mit Tür- und Fensteraussparungen, sowie Nuten, in die nachher die Querrippen der Dachträger gesteckt werden. Die vier Eckpfeiler sind auch fertig vorbereitet und haben mit der Fußkonstruktion und den Schwerlastrollen ein ordentliches Gewicht. Wir haben längst gemerkt, dass alles dreimal so lange dauert wie vorher gedacht und beschließen, an diesem Tag nicht mehr das ganze Haus zusammenzuschrauben, sondern nur die ersten beiden Eckpfeiler an eine der schmalen Seitenwände. Dieser erste Akt des Zusammenfügens ist der schwierigste, weil es uns gelingen muss, die schweren Teile absolut lotrecht aneinander zu befestigen und die Eckpfeiler auf den leichtgängigen Rollen einen wahren Eiertanz aufführen. Zu dritt sind wir schon am Verzweifeln, da rollen urplötzlich vier junge Leute mit ihren Rädern auf unseren Hof. Mathilda knufft mich:“Hey, guck dir die beiden knackigen Kerls an, ich wette, die suchen eine kleine Herausforderung!“ Ich kann unser Glück kaum fassen. Gibt’s den Deus ex machina jetzt auch jenseits von unglaubwürdigen Theaterspektakeln!?

Es stellt sich heraus, dass die beiden Paare mit Kleinkind auf Kurzurlaub unterwegs sind und eine bei uns eingetragene Location auf Googlemaps gefunden haben, die ein Projekt einer früheren Mitbewohnerin ist. „Ja, die Freilufträume gibt’s noch“, geben wir Auskunft – „in der Toscana! Aber hättet ihr vielleicht Lust, uns fünf Minuten zu helfen…?“ Die beiden Jungs lassen sich nicht zweimal bitten und ruckzuck ist unsere Konstruktion lotrecht mit Schraubzwingen zusammengeflanscht und kann später mühelos solide verschraubt werden.

Den Rest des Nachmittags verbringen wir mit den unerwarteten Gästen angeregt plaudernd beim Kaffee in unserem Draußenwohnzimmer und schlendern später über das Gelände der Nachbarn, auf dem Ende August das erste wendländische Tiny-Living-Festival stattfinden wird. Bereits jetzt stehen hier verschiedene Tiny Houses von Mitbewohnern oder im Bau befindlichen Auftragsarbeiten. „Das war das Highlight des Wochenendes“, strahlen unsere neuen Zufallsbekannten aus Hamburg, der Stadt, in der wir selbst einige Jahre unseres Lebens und selbständigen beruflichen Wirkens verbracht hatten. Zur abendlichen Einkehr schicken wir sie in „Die kleine Kneipe“ im Nachbarort Bussau. Wer weiß, ob Wirt Walter Adamovicz mit seiner krachledernen bayrischen Lebensart uns als Highlight des Ausflugs doch noch aus dem Feld schlägt…!

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